Die Feierlichkeiten zu Ehren der Sonnengottheit Inti verbinden präkolumbische Traditionen mit modernem Festivalcharakter. Seit 1944 findet die Neuauflage des historischen Rituals statt – eine aufwendige Inszenierung, die auf detaillierten Chroniken des 16. Jahrhunderts basiert. Die Texte des Chronisten Garcilaso de la Vega, selbst Sohn einer Inka-Prinzessin, dienten als wichtigste Quelle für die Rekonstruktion der Zeremonien.
Historischer Hintergrund
Das ursprüngliche Inti Raymi wurde zur Wintersonnenwende auf der Südhalbkugel gefeiert. Es markierte den Beginn des Inka-Neujahrs und den Zeitpunkt, an dem die Sonne ihren südlichsten Punkt erreichte. Die Inka glaubten, die Sonne müsse in dieser Zeit an die Erde "gebunden" werden, damit sie nicht für immer verschwände. Das neuntägige Fest beinhaltete elaborate Rituale, Tänze und Opfergaben an die Götter. Nach der spanischen Eroberung wurde das Fest 1535 verboten – bis zu seiner Wiederbelebung im 20. Jahrhundert.
Der Ablauf des Festes
Das Spektakel beginnt im Morgenlicht am Qorikancha, dem ehemaligen Sonnentempel, heute Grundmauer der Santo Domingo Kirche. In traditionellen Gewändern schreitet der Sapa Inka (der ausgewählte Darsteller des Inka-Herrschers) mit seinem Gefolge durch die historischen Gassen zum Plaza de Armas. Hunderte Darsteller in originalgetreuen Kostümen präsentieren Tänze und Zeremonien. Jede Bewegung, jedes Ritual folgt dabei streng den historischen Überlieferungen.
Der imposante Zug erreicht gegen Mittag den zentralen Platz von Cusco. Hier wird die erste große Zeremonie aufgeführt, bei der der Sapa Inka die heilige Coca-Blätter-Prophezeiung für das kommende Jahr verkündet. Anschließend bewegt sich die Prozession weiter zur Festung Sacsayhuamán, wo der dramatische Höhepunkt des Festes stattfindet.
Die Hauptzeremonie in Sacsayhuamán
In der gewaltigen Inka-Festung über der Stadt versammeln sich ab dem frühen Nachmittag tausende Zuschauer. Die dreistündige Hauptzeremonie umfasst Anrufungen der Götter in Quechua, ritualisierte Tänze und eine nachgestellte Opferzeremonie. Die Darsteller tragen aufwendig gearbeitete Kostüme: goldene Masken, Federschmuck und handgewebte Textilien. Die Rolle des Sapa Inka wird traditionell von einem Akademiker der Quechua-Sprache übernommen, der die komplexen Ritualtexte beherrscht.
Praktische Reisetipps
Die Festivalwoche gehört zur absoluten Hochsaison in Cusco. Hotels sind oft Monate im Voraus ausgebucht, die Preise steigen deutlich. Für die Hauptveranstaltung in Sacsayhuamán brauchst du ein Ticket – diese sind in verschiedenen Kategorien erhältlich, von einfachen Stehplätzen bis zu überdachten VIP-Bereichen.
- Tickets kaufst du am besten drei bis vier Monate vorab über die offizielle Website des EMUFEC (Empresa Municipal de Festejos del Cusco) oder in ihrem Büro am Plaza Regocijo. Die Preise variieren von 150 bis 1000 Soles (ca. 40-270 Euro).
- Bring unbedingt warme Kleidung mit, da die Temperaturen in der Andenhöhe stark schwanken können. Morgens und abends wird es mit 0-5°C empfindlich kalt, tagsüber kann das Thermometer auf über 20°C klettern.
- Pack einen Sonnenschutz mit mindestens LSF 50 ein – die UV-Strahlung in 3.400 Metern Höhe ist extrem intensiv. Eine Kopfbedeckung ist unerlässlich.
- Nimm ausreichend Wasser und kleine Snacks mit zur Hauptveranstaltung – die Zeremonie dauert mehrere Stunden.
- Eine Höhenanpassung von mindestens zwei Tagen vor dem Festival ist ratsam, um die Feierlichkeiten genießen zu können.
Die besten Aussichtspunkte
Der Zug vom Qorikancha zum Plaza de Armas lässt sich kostenlos von verschiedenen Punkten aus verfolgen. Besonders gute Fotospots findest du an der Avenida El Sol und der Calle Hatunrumiyoc mit ihrem berühmten Zwölfeckigen Stein. Für die Hauptzeremonie in Sacsayhuamán gibt es nummerierte Sitzplätze. Die günstigeren Plätze auf den Grashängen bieten zwar weniger Komfort, dafür aber oft bessere Fotomotive und eine authentischere Festival-Atmosphäre.
Vor und nach dem Festival
Die gesamte Festivalwoche ist geprägt von Straßenparaden, Konzerten und kulinarischen Events. Das Fest wird offiziell am 16. Juni mit dem Zahlungszeremoniell T'inka eingeläutet. In den folgenden Tagen finden traditionelle Tänze, Theateraufführungen und Musikdarbietungen statt. Die Stadt schmückt sich mit roten Inka-Fahnen, und auf den Märkten werden traditionelle Gerichte und Kunsthandwerk angeboten.
Ein Besuch der präinkaischen Ruinen von Sacsayhuamán lohnt sich auch an den Tagen vor oder nach dem Fest – dann ohne Menschenmassen und mit mehr Zeit zum Erkunden der gewaltigen Steinblöcke. Das archäologische Areal bietet neben der Hauptfestung auch weniger bekannte Bereiche wie die Tempel von Qenqo und Tambomachay.
Transport und Anreise
Der internationale Flughafen Alejandro Velasco Astete liegt nur 10 Minuten vom Stadtzentrum entfernt. Die meisten internationalen Flüge kommen über Lima. Während der Festtage sind die Straßen im historischen Zentrum teilweise gesperrt. Die Festung Sacsayhuamán erreichst du zu Fuß in etwa 40 Minuten vom Plaza de Armas aus – ein steiler, aber landschaftlich reizvoller Aufstieg. Alternativ fahren Taxis und spezielle Shuttlebusse zum Festival. Eine Anreise mindestens zwei Stunden vor Beginn der Hauptzeremonie ist empfehlenswert.
Unterkunft und Verpflegung
Cusco bietet Unterkünfte in allen Preisklassen, von einfachen Hostels bis zu Luxushotels in kolonialem Ambiente. Während des Festivals empfiehlt sich eine Unterkunft im historischen Zentrum, idealerweise im Umkreis des Plaza de Armas. Die traditionelle Küche spielt während der Festtage eine besondere Rolle – probiere lokale Spezialitäten wie Chiri Uchu, ein spezielles Festtagsgericht, das nur während des Inti Raymi serviert wird.