Länder
Brasilien

Ouro Preto: Barocke Kirchen, Goldrausch-Geschichte und UNESCO-Weltkulturerbe

In den sanften Hügeln von Minas Gerais liegt eine Stadt, die wie aus der Zeit gefallen scheint: Kopfsteinpflaster, gewundene Straßen und eine atemberaubende Ansammlung barocker Architektur.

Lesezeit: ca. 7 Min.
Kommentare
Teilen
Facebook
Pocket
E-Mail
0
Kommentare
Facebook
Pocket
E-Mail
Zwischenablage

Die ehemalige Goldminenstadt Ouro Preto, deren Name übersetzt "Schwarzes Gold" bedeutet, erzählt eine Geschichte von unermesslichem Reichtum, künstlerischem Schaffen und revolutionärem Geist.

Die Stadt lebt, atmet und entwickelt sich, während sie gleichzeitig ihr reiches Erbe bewahrt. Zwischen den barocken Fassaden und auf den historischen Plätzen findest du eine lebendige Studentenkultur, moderne Cafés und eine kreative Kunstszene.

Historischer Hintergrund: Vom Goldrausch zur Kulturperle

Ende des 17. Jahrhunderts löste die Entdeckung von Gold in dieser bergigen Region einen der größten Goldräusche der Geschichte aus. Vila Rica, wie Ouro Preto damals hieß, entwickelte sich rasch zum wirtschaftlichen Zentrum Brasiliens und zur wohlhabendsten Stadt Südamerikas. Auf dem Höhepunkt des Goldrauschs im 18. Jahrhundert floss etwa 80% des weltweiten Goldes durch diese kleine Bergstadt.

Der immense Reichtum finanzierte den Bau prachtvoller Kirchen und öffentlicher Gebäude, die von talentierten Künstlern wie dem berühmten Aleijadinho (Antônio Francisco Lisboa) gestaltet wurden. Nach dem Versiegen der Goldminen verlor die Stadt an Bedeutung. Diese wirtschaftliche Stagnation hatte jedoch einen unerwarteten Vorteil: Die historische Architektur blieb weitgehend unverändert erhalten, was 1980 zur Anerkennung als UNESCO-Weltkulturerbe führte.

Die architektonischen Schätze: Kirchen und koloniale Pracht

Ouro Pretos Stadtbild wird von zwölf bemerkenswerten barocken Kirchen dominiert, die sich über die Hügel verteilen und mit vergoldeten Altären, kunstvollen Schnitzereien und beeindruckenden Gemälden aufwarten.

Die Igreja de São Francisco de Assis gilt als Meisterwerk des brasilianischen Barocks. Aleijadinho schuf hier nicht nur die Steinskulpturen der Fassade, sondern auch den kunstvollen Holzaltar im Inneren. Die asymmetrische Fassade mit ihren geschwungenen Linien zeigt seinen innovativen Stil, der traditionelle portugiesische Einflüsse mit lokalen Elementen verband.

Die Nossa Senhora do Pilar-Kirche mag von außen schlicht wirken, doch ihr Inneres beherbergt über 400 kg Gold in Form von aufwendigen Verzierungen. Die spiralförmigen Säulen, vergoldeten Schnitzereien und kunstvoll bemalten Decken zeugen vom einstigen Reichtum der Stadt.

Die Igreja Nossa Senhora do Carmo, ebenfalls teilweise von Aleijadinho gestaltet, beeindruckt durch ihre rosafarbene Fassade und die eleganten Rokoko-Elemente im Inneren, während die Matriz de Nossa Senhora da Conceição mit ihren imposanten Zwillingstürmen bereits aus der Ferne sichtbar ist.

Praktische Informationen: Anreise und Fortbewegung

Der nächstgelegene internationale Flughafen befindet sich in Belo Horizonte, etwa 95 km entfernt. Von dort aus kannst du bequem mit dem Bus nach Ouro Preto gelangen. Die Fahrt dauert etwa zwei Stunden und bietet bereits einen Vorgeschmack auf die hügelige Landschaft der Region.

In Ouro Preto selbst sind die meisten Sehenswürdigkeiten zu Fuß erreichbar, allerdings solltest du auf die steilen Straßen und das unebene Kopfsteinpflaster vorbereitet sein. Festes Schuhwerk ist unerlässlich. Für längere Strecken oder bei Erschöpfung bieten sich die preiswerten lokalen Taxis an.

Museen und historische Stätten: Tief in die Geschichte eintauchen

Das Museu da Inconfidência, untergebracht im ehemaligen Stadtgefängnis, dokumentiert die Geschichte der "Inconfidência Mineira", eines gescheiterten Unabhängigkeitsaufstands gegen die portugiesische Kolonialherrschaft im Jahr 1789. Hier findest du persönliche Gegenstände der Revolutionäre, einschließlich des Nationalhelden Tiradentes, sowie Kunstwerke und Alltagsobjekte aus der Kolonialzeit.

Im Museu do Oratório sind über 160 handgefertigte Hausaltäre und religiöse Miniaturen ausgestellt – ein faszinierender Einblick in die private religiöse Praxis der damaligen Zeit.

Eine Besichtigung der Mina do Chico Rei, einer ehemaligen Goldmine, führt dich tief unter die Straßen der Stadt. Die Führungen erzählen die bemerkenswerte Geschichte des ehemaligen Sklaven Chico Rei, der sich und andere freikaufte und später selbst Minenbesitzer wurde.

Kulinarische Genüsse: Die Küche von Minas Gerais

Die Region Minas Gerais ist für ihre hervorragende Küche bekannt, die als eine der besten Brasiliens gilt. Deftig, reichhaltig und bodenständig – so lässt sich die "comida mineira" am besten beschreiben.

Lokale Spezialitäten, die du unbedingt probieren solltest:

  • Feijão tropeiro – ein herzhaftes Gericht aus Bohnen, Maniokmehl, Eiern und gewürzter Wurst
  • Pão de queijo – käsige Maniokmehlbrötchen, perfekt als Snack zwischendurch
  • Tutu à mineira – pürierte Bohnen mit Maniokmehl und Schweinefleisch
  • Cachaça – der berühmte brasilianische Zuckerrohrschnaps, der in dieser Region in besonders hoher Qualität hergestellt wird

Besonders empfehlenswert ist das Restaurant Chafariz, das traditionelle mineirische Gerichte in einem charmanten historischen Gebäude serviert. Für ein authentisches Erlebnis bietet das Casa dos Contos eine umfangreiche Auswahl lokaler Spezialitäten.

Kunsthandwerk und Souvenirs: Lokale Schätze

Ouro Preto ist ein Paradies für Kunsthandwerk-Liebhaber. Die traditionelle Steinschnitzerei, Holzarbeiten und Schmuckherstellung blühen hier auch heute noch. In den kleinen Läden und Werkstätten entlang der Rua Direita und der Rua São José findest du handgefertigte Souvenirs von hoher Qualität.

Besonders sehenswert ist der Feira de Artesanato, ein Kunsthandwerksmarkt auf der Praça Tiradentes, wo lokale Künstler ihre Werke direkt verkaufen. Speckstein-Skulpturen aus der Region sind ein beliebtes Mitbringsel und werden oft vor den Augen der Besucher gefertigt.

Festivals und kulturelle Veranstaltungen: Lebendige Traditionen

Die Karwoche (Semana Santa) ist in Ouro Preto ein besonderes Ereignis. Die Straßen werden mit bunten Teppichen aus gefärbten Sägespänen geschmückt, und feierliche Prozessionen ziehen durch die Stadt. Das Winterfestival im Juli bietet klassische Musikkonzerte in den historischen Kirchen, während das Opernfestival im März und April internationale Künstler anzieht.

Das Festa do Doze ("Fest der Zwölf") am 12. Oktober feiert den Geburtstag der Stadt mit einer Mischung aus religiösen und weltlichen Veranstaltungen, darunter Paraden, Konzerte und Feuerwerk.

Ausflüge in die Umgebung: Naturschönheiten und Bergbaugeschichte

Nur 12 km von Ouro Preto entfernt liegt Mariana, die erste offizielle Stadt Minas Gerais. Mit ihrem ruhigeren Charakter und ebenfalls beeindruckender kolonialer Architektur bietet sie eine perfekte Ergänzung zu deinem Aufenthalt. Die Fahrt dorthin mit der historischen Eisenbahn "Maria Fumaça" ist ein Erlebnis für sich.

Naturliebhaber sollten einen Ausflug zum Parque Estadual do Itacolomi einplanen. Mit gut markierten Wanderwegen, Wasserfällen und einer vielfältigen Flora und Fauna bietet er eine willkommene Abwechslung zum Stadtbesuch. Der namensgebende Itacolomi-Felsen war einst ein wichtiger Orientierungspunkt für Goldsucher.

Unterkunftstipps: Von historisch bis modern

Ouro Preto bietet Unterkünfte für jeden Geschmack und Geldbeutel. Besonders reizvoll sind die Pousadas in restaurierten Kolonialgebäuden, die authentisches Flair mit modernem Komfort verbinden.

Die Pousada Clássica im Herzen der Altstadt vereint koloniale Architektur mit stilvoller Einrichtung. Das Solar do Rosário bietet einen spektakulären Blick über die Stadt, während die Pousada Ouro Preto mit ihrer zentralen Lage punktet. Für Budgetreisende ist das Hostel Républica ein guter Ausgangspunkt, um die Stadt zu erkunden.

Praktische Tipps für deinen Besuch

Ouro Preto liegt auf 1.179 Metern Höhe, was zu erheblichen Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht führen kann. Selbst im Sommer (Dezember bis März) können die Abende kühl werden, daher empfiehlt sich Schichtkleidung.

Die beste Reisezeit ist von April bis Oktober, wenn die Niederschläge geringer sind. Die Regenzeit von November bis März kann die steilen Kopfsteinpflasterstraßen rutschig machen.

Die Höhenlage kann bei manchen Besuchern zu leichter Höhenkrankheit führen. Plane genügend Zeit für Pausen ein und trinke ausreichend Wasser, besonders wenn du die hügeligen Straßen erkundest.

Schreibe einen Kommentar
Bitte anmelden, um einen Kommentar zu schreiben.
 
Du 

Bisher keine Kommentare
Entdecke mehr:
Nach oben scrollen